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SPD Ortsverein Erzhausen

Was ist die Funktion der Gemeindevertretung?

Kommunalpolitik

 

Jetzt weiß der Leser inzwischen über ganz viele Beiträge wie er am 6. März 2016 wählen kann. Kumulieren, panaschieren und/oder auch streichen… aber vielleicht ist ihm noch nicht ganz klar, welche Funktion die Gemeindevertretung hat.

Die hessische Gemeindeordnung (HGO) legt alle Rechte, Pflichten und Befugnisse der Gemeindeorgane fest. Ähnlich der Strukturierung auf Bundesebene legt die HGO eine Gewaltenteilung fest, die sich verkürzt und für Nicht-Juristen wie folgt aufteilen lässt. Wer sich für den exakten Wortlaut interessiert, mag bitte in der HGO nachlesen.

Die Verwaltung ist die Exekutive (analog der Bundesregierung).

Der Bürgermeister ist der Chef der Verwaltung mit Weisungsbefugnis gegenüber seinen Mitarbeitern in der Verwaltung.

Die Aufgabe der Verwaltung ist die Regelung aller regelmäßig wiederkehrender Amtstätigkeiten. Bei Angelegenheiten, die grundlegende Bedeutung haben oder erhebliche Verpflichtungen für die Gemeinde bedeuten, stellt die Verwaltung Anträge, die die Gemeindevertretung berät und verabschiedet.

Die Verwaltung setzt den abgestimmten Beschluss um.

Die/der Bürgermeister/in wird alle 6 Jahre gewählt und kann ein Parteibuch haben, muss aber nicht. Sollte sie/er eines haben, so ist es keine Garantie für das problemlose „durchwinken“ ihrer/seiner Anträge.

Ein Beispiel (wieder zum Thema Kindergartengebühren):

In der Zeit von Dieter Karl (SPD) als Bürgermeister wurde schon damals die Gebührenerhöhung der Kindergärten beantragt. Der Antrag kam aus der Verwaltung (wie auch diesmal) und wurde seiner Zeit mit der Mehrheit der SPD Stimmen in der Gemeindevertretung abgelehnt. Pech für den SPD Bürgermeister.

Die Gemeindevertretung ist die Legislative (analog dem Bundestag).

Sie ist die politische Vertretung der Bürger.

Die Gemeindevertretung hat keinen Chef mit Weisungsbefugnis, denn alle Gemeindevertreter entscheiden bei den Anträgen nach ihrem Gewissen und natürlich nach den Inhalten der Wahlprogramme. Deshalb kann der Bürger bei der Wahl kumulieren, panaschieren und/oder streichen, denn „sein“ gewählter Vertreter wird im Sinne „seines“ Wählers entscheiden.

Die Gemeindevertretung ist in der Regel die einzige Instanz, die eine Entscheidung herbeiführen kann!

Wie ist der Ablauf eines Antrages bis zur Entscheidung?

Die Verwaltung, eine Fraktion oder ein einzelner Gemeindevertreter gibt einen Antrag in die Gemeindevertretung (Teil A).

Nach Beratung, ob der Antrag diskussionswürdig ist, wird er ggf. in den entsprechenden Ausschuss verwiesen.

In Erzhausen gibt es 3 Ausschüsse: den Bau-, Verkehr- und Umweltausschuss (BVU), den Sozial-, Sport- und Kulturausschuss (SSK) und den wichtigsten den Haupt- und Finanzausschuss (HuFina).

Im Ausschuss wird beraten, diskutiert und ggf. der Antrag zurückgestellt (passiert hin und wieder, weil wichtige Aspekte neu hinzu gekommen sind, oder Informationen fehlen). In diesem Fall bessert die Verwaltung nach. Im Ausschuss wird nochmals beraten und dann von den Ausschussmitgliedern abgestimmt.

So der Antrag im Ausschuss der Gemeindevertretung zur Beschlussfassung / Zustimmung empfohlen wurde, wird über ihn in Teil B von der Gemeindevertretung abgestimmt.

Ausnahme: Alle Fraktionen haben zugestimmt, dann kann über den Antrag auch in Teil A der Tagesordnung abgestimmt werden (über Anträge in Teil A der Tagesordnung wird von der Gemeindevertretung nicht nochmals beraten).

Ist der Antrag im Ausschuss nicht positiv verabschiedet worden, wird er in Teil B der Tagesordnung nochmals beraten und auch hierüber abgestimmt.

Zusammenfassung:

Die eigentliche Aufgabe der Gemeindevertretung ist das Prüfen der Anträge der Verwaltung, der Fraktionen oder einzelner Gemeindevertreter und ggf. deren Verabschiedung.

Ihre anschließende Umsetzung laut Beschluss ist dann Aufgabe des Gemeindevorstands, der zurzeit sieben Mitglieder hat (einer hiervon ist der Bürgermeister).

Wörtlich heißt es in §50 Abs. 2 HGO im Auszug:

„Die Gemeindevertretung überwacht die gesamte Verwaltung der Gemeinde, mit Ausnahme der Erfüllung der Auftragsangelegenheiten im Sinne des §4 Abs.2, und die Geschäftsführung des Gemeindevorstands, insbesondere die Verwendung der Gemeindeeinnahmen.“

Ganz deutlich: Hier sind die Wahrung der Interessen aller Bürger und der Gemeinde relevant und keine persönlichen Vorlieben.

Und da die Beschlüsse der jetzigen Legislaturperiode meistens einstimmig durchgelaufen sind, kann formal von einer guten Zusammenarbeit ausgegangen werden.

 

Und warum „beglücke“ ich die Leser mit meiner Aufklärung? Weil ich glaube, dass es zu einer Wahl auch gehört, zu wissen, welche Funktion die Personen haben, denen ich mein Vertrauen schenke.

Und damit es nicht wieder zum Vorwurf kommt, hier stände eine Partei hinter dem Artikel (was bei diesem Inhalt auch nicht schlimm wäre)- ja, ich kandidiere zwar für die SPD, aber noch bin ich politisch interessierte Bürgerin – eventuell mit dem Bedürfnis nach meiner Art der Offenheit und Transparenz.

Sarah Olivera - Am Lutherpfad 11b - 64390 Erzhausen